10  Aussagenlogik

Zusammenfassung

Dieses Kapitel befasst sich mit der Anwendung der Aussagenlogik in Excel. Es werden die logischen Operatoren NICHT, UND, ODER und XODER behandelt. Auf dieser Grundlage werden die wichtigsten Vergleichsoperation zum Formulieren logischer Ausdrücke vorgestellt. Das Kapitel schliesst mit der Anwendung von Fallunterscheidungen.

Es werden die folgenden Funktionen behandelt: NICHT(), UND(), ODER(), XODER(), WENN(), WENNS(), ERSTERWERT(), WENNFEHLER(), FEHLER.TYP(), ISTFEHLER(), XVERWEIS(), XVERGLEICH(), IDENTISCH(), FILTER(), SORTIEREN(), SORTIERENNACH() und SPALTENWAHL()

10.1 Wahrheitswerte in Excel

Wie im Kapitel Datentypen bereits erwähnt, kennt Excel den Datentyp der Wahrheitswerte. Diese Wahrheitswerte können entweder den Wert WAHR oder FALSCH haben. Eine Operation, die Wahrheitswerte ergibt wird als logischer Ausdruck bezeichnet. Weil logische Ausdrücke für viele Funktionen und Operationen notwendig sind, wandelt Excel die Werte anderer Datentypen bei Bedarf um. Dabei gelten die folgenden Regeln:

  • 0 und die leere Zelle entspricht dem Wert FALSCH.
  • Alle Zahlen ungleich 0 entsprechen dem Wert WAHR.
  • Alle Zeichenketten inklusive der leeren Zeichenkette entsprechen dem Wert WAHR.
  • Fehlerwerte bleiben unverändert.

Werden Wahrheitswerte in mathematischen Operationen und Funktionen verwendet, dann konvertiert Excel den Wert FALSCH in 0 und den Wert WAHR in 1 um.

Werden Wahrheitswerte als Parameter an Zeichenkettenfunktionen übergeben, dann werden die Wahrheitswerte in die entsprechende Zeichenkette umgewandelt. Aus dem Wert WAHR wird also die Zeichenkette "WAHR" und aus dem Wert FALSCH wird die Zeichenkette "FALSCH".

Warnung

Wahrheitswerte werden in den verschiedenen Sprachversionen von Excel in der eingestellten Sprache angegeben. Beim Wechsel zwischen verschiedenen Excel-Sprachversionen werden die Wahrheitswerte automatisch korrekt angezeigt. Die Umwandlung in Zeichenketten erfolgt dann in der jeweiligen Sprache. Deshalb sollte die Verwendung von in Zeichenketten konvertierten Wahrheitswerten in nachgelagerten Funktionen vermieden werden.

10.2 Aussagenlogische Operationen

Für Wahrheitswerte existieren spezielle Operationen, um die Regeln der Aussagenlogik bzw. der Boole’schen Algebra abzubilden. Diese Operationen verknüpfen Wahrheitswerte und haben Wahrheitswerte als Ergebnis. Die vier Grundoperationen NICHT (\lnot), UND (\land), ODER (\lor, “inklusives Oder”) und XODER (\oplus, “entweder-oder”) sind in Excel als Funktionen verfügbar.

Die Funktion NICHT() wandelt einen Wert in den jeweils den anderen Wahrheitswert um. Falls anstelle eines Wahrheitswerts ein anderer Datentyp übergeben wurde, gelten die oben angegebenen Regeln für die Umwandlung.

Die Funktionen UND(), ODER() und XODER() sind Aggregatoren. Das bedeutet, dass Sie alle Werte in dem angegebenen Bereichen zusammenfassen. Das ist oft nicht das gewünschte Verhalten. Deshalb muss bei der Arbeit mit Vektoren auf die Boolesche Arithmetik zurückgegriffen werden, um logische Ausdrücke richtig auszuwerten.

Zum Beispiel sollen für die folgenden Werte paarweise der logische Ausdruck a \land b ausgewertet werden, so dass für alle Wertepaare der richtige Wahrheitswert ermittelt wird.

A B
WAHR FALSCH
FALSCH WAHR
WAHR WAHR
FALSCH WAHR
WAHR WAHR
FALSCH FALSCH

Die Formel = UND(A1:A6; B1:B6) liefert den Wert FALSCH zurück, weil nicht alle Werte im gesamten Bereich von A1:A6 und B1:B6 gleich WAHR sind. Es gibt keine Funktion und keinen eigenen logischen Operator zur paarweisen logischen Verknüpfung dieser beiden Bereiche. Deshalb werden in Excel oft logische Ausdrücke in der Boole’schen Arithmethik eingesetzt, um nur die Werte aus den gleichen Datensätzen miteinander zu vergleichen. Diese Schreibweise ist immer dann notwendig, wenn logische Ausdrücke sich auf die einzelnen Datensätze beziehen.

Die Formel = A1:A6 * B1:B6 hat die Werte {0;0;1;0;1;0} zum Ergebnis. Um Wahrheitswerte zu erhalten, kann noch auf die Ungleichheit mit 0 geprüft werden. Dazu wird die Formel wie folgt ergänzt: = (A1:A6 * B1:B6) <> 0. Das Ergebnis ist nun {FALSCH; FALSCH; WAHR; FALSCH; WAHR; FALSCH}. Dieser Schritt ist in der Praxis selten notwendig, weil für die meisten Operationen Zahlenwerte implizit als Wahrheitswerte behandelt werden.

Weil Excel alle Werte ungleich 0 als WAHR interpretiert, können die Operationen UND() mit * und die Operation ODER() mit + direkt ersetzt werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass das nummerische Ergebnis dieser Addition oder Multiplikation ausschliesslich als Wahrheitswert von Bedeutung ist.

Die Operation XODER() entspricht der Ungleichheit <>. Dabei muss allerdings darauf geachtet werden, das dieser Vergleich als Ersatz für XODER() ausschliesslich für Wahrheitswerte bzw. 0 und 1 erlaubt ist. Für die oben gezeigten Werte ergibt die Formel = (A1:A5 <> B1:B5) die Werte {WAHR; WAHR; FALSCH; WAHR; FALSCH; FALSCH}. Das Ergebnis ist deshalb sichergestellt, weil alle Vergleichswerte 0 oder 1 sind. Werden jedoch auch andere Vergleichswerte zugelassen, dann liefert die Formel = (A1:A6 <> B1:B6) die Werte {WAHR; WAHR; WAHR; WAHR; WAHR; WAHR}. Dieses Verhalten zeigt das folgende Beispiel.

A B
1 0
0 2
1 2
0 1
3 2
0 0

Damit das richtige Ergebnis erzeugt wird, müssen die Werte in Wahrheitswerte konvertiert werden. Dazu muss die Formel durch Vergleiche ungleich 0 erweitert werden:

= (A1:A6 <> 0) <> (B1:B6 <> 0)

Diese Formel liefert die gewünschten Werte {WAHR; WAHR; FALSCH; WAHR; FALSCH; FALSCH}.

Die folgende Tabelle zeigt logischen Operatoren und die zugehörigen Terme für die Boole’sche Arithmetik.

Operator  Boole’sche Operation Vereinfachter Operator
\lnot 1 - a NICHT(a)
\land a * b a * b
\lor a + b - a * b a + b
\oplus a + b - 2 * a * b oder ( a - b ) ^ 2 (a <> b)

10.3 Vergleiche

Eine besondere Art von logischen Ausdrücken sind Vergleiche. Ein Vergleich prüft das Verhältnis zweier Werte zueinander. Excel kennt die üblichen Vergleichsoperatoren, die jeweils einen Wahrheitswert zurückliefern.

In Excel werden die Vergleichsoperatoren wie folgt geschrieben:

  • > (grösser als)
  • < (kleiner als)
  • >= (grösser oder gleich)
  • <= (kleiner oder gleich)
  • = (gleich)
  • <> (ungleich)

Excel’s Vergleichsoperatoren sind Datentypen sensitiv. Das bedeutet, dass die Operatoren Datentypen vor dem Vergleich nicht angleichen. Der folgende Vergleich ergibt also FALSCH.

= 3 = "3"
Merke

Ziffern sind keine Zahlen!

Weil die Operationen *, + und - normalerweise vor den Vergleichsoperatoren ausgeführt werden, müssen alle Vergleiche eines logischen Ausdrucks für die Boole’sche Arithmetik in Klammern gesetzt werden.

10.3.1 Der \in-Operator mit XVERWEIS

Mithilfe der Funktion XVERGLEICH() kann der \in-Operator aus der Mengenlehre in Excel für logische Ausdrücke bereitgestellt werden. Mit dieser Funktion XVERWEIS() können sowohl der \in als auch der \notin-Operator mit XVERWEIS() abgebildet werden.

Für die folgenden Beispiele verwenden wir die Werte:

A B
Suchkriterium Suchbereich
4 1
7 3
4
8
  • \in-Operator: XVERWEIS(A2:A3; B2:B5; B2:B5 = B2:B5; FALSCH)
  • \notin-Operator: XVERWEIS(A2:A3; B2:B5; B2:B5 <> B2:B5; WAHR)

Der Trick besteht darin, dass die Rückgabematrix durch einen Vergleich aus dem Suchbereich erzeugt wird. Dadurch wird die Rückgabematrix mit den gleichen Wahrheitswerten für alle Werte im Suchbereich gefüllt. Die erste Formel ergibt deshalb {WAHR; FALSCH} und die zweite Formel {FALSCH; WAHR}, weil der Wert 4 im Suchbereich vorkommt und der Wert 7 nicht. Diese Werte können direkt in logischen Ausdrücken verwendet werden.

10.3.2 Zeichenketten vergleichen

Die Vergleichsoperatoren zeigen die Unterschiede zweier Zeichenketten bezüglich der alphabetischen Sortierung an. Die “kleinste” Zeichenkette ist die leere Zeichenkette. Gross- und Kleinschreibung wird bei Zeichenkettenvergleichen nicht unterschieden.

Weil Excel für Vergleiche die nicht-druckbaren Zeichen mit Ausnahme des Leerzeichens und des Tabulators ignoriert, gibt der Vergleichsoperator = WAHR auch für Zeichenketten zurück, die unterschiedliche nicht-druckbare Zeichen enthalten. Das gleiche Problem entsteht beim Vergleich von unterschiedlicher Gross- und Kleinschreibung. Um auch diese Unterschiede zu erkennen, müssen wir die Funktion IDENTISCH() verwenden. Diese Funktion vergleicht die Zeichenketten Zeichen für Zeichen und liefert nur dann WAHR zurück, wenn die Zeichenketten exakt gleich sind.

Beispiel 10.1 ## Anwendung der IDENTISCH() Funktion als Vergleichsoperator.

= WENN(IDENTISCH("A"; "a"); "Gleich"; "Ungleich")

10.4 Komplexe logische Ausdrücke und Datenstrukturen

Excel hat zwar Funktionen für die logischen Operatoren Und (UND()), Oder (ODER()) und Exklusives Oder (XODER()), diese Funktionen haben aber den Nachteil, dass sie nur Werte zusammenfassen können. In der Praxis werden jedoch oft Datenstrukturen als Variablen für logische Ausdrücke verwendet. Diese sollen durch die logischen Operatoren verknüpft und nicht zusammengefasst werden.

Um logische Verknüpfungen für Datenstrukturen zu realisieren, müssen die logischen Operatoren mit der Boole’schen Arithmetik umgesetzt werden. Dazu werden die logischen Operatoren durch die entsprechenden arithmetischen Operatoren ersetzt.

Beispiel 10.2 Für die folgenden Werte soll der folgende logische Ausdruck geprüft werden.

a \land b \lor (c < 10) \land d

A B C D
WAHR 5 21 17
FALSCH 3 5 1
WAHR 0 10 2
FALSCH 1 11 3

Für diesen Ausdruck werden die Werte {WAHR; WAHR; FALSCH; FALSCH} erwartet.

Die naive Umsetzung =ODER(UND(A1:A4;B1:B4);UND(C1:C4;D1:D4)) hat als Ergebnis den Wert WAHR.

Die Formel = A1:A4 * B1:B4 + (C1:C4 < 10) * D1:D4 liefert die Werte {5; 1; 0; 0} diese lassen sich durch einen Vergleich in die entsprechenden Wahrheitswerte konvertieren. Diese Konversion ist nur notwendig, wenn der Ausdruck nicht als logischer Ausdruck an eine Funktion übergeben wird.

= (A1:A4 * B1:B4 + (C1:C4 < 10) * D1:D4) <> 0

Diese Formel ergibt die erwarteten Werte {WAHR; WAHR; FALSCH; FALSCH}.

Die Ausnahme von dieser Regel ist Verwendung der logischen Funktionen als Tabellenfunktion. In diesem Fall können die Werte zeilenweise auch von den logischen Funktionen verarbeitet werden.

Beispiel 10.3 Werden die Werte aus Beispiel 10.2 als Tabelle konvertiert und mit BeispielTabelle benannt, dann können die logischen Funktionen in einer gleich langen Tabelle mit der gleichen Startzeile auch als Tabellenfunktionen verwendet werden. In diesem Fall werden die Werte zeilenweise verarbeitet.

=ODER(
      UND(BeispielTabelle[@a];BeispielTabelle[@b]);
      UND(BeispielTabelle[@c] < 10; BeispielTabelle[@d])
 )

Diese Formel ergibt die erwarteten Werte {WAHR; WAHR; FALSCH; FALSCH}.

10.5 Fälle unterscheiden

Logische Ausdrücke eigenen sich besonders gut, um Fallunterscheidungen zu formulieren, weil ein logischer Ausdruck immer nur zwei Werte als Ergebnis haben kann. Es gibt also für jeden logischen Ausdruck immer nur zwei unterscheidbare Fälle.

Excel hat zwei zentrale Funktionen für Fallunterscheidungen: WENN() und WENNS(). Die Funktion WENN() ist eine einfache Unterscheidung, die Funktion WENNS() unterstützt mehrfache Unterscheidungen. In anderen Programmiersprachen wird in diesem Zusammenhang auch von Verzweigungen gesprochen.

10.5.1 WENN

Die Funktion WENN() ist eine einfache Fallunterscheidung. Einfach bedeutet hier, dass die beiden Fälles eines logischen Ausdrucks unterschieden werden. Entsprechend hat die Funktion WENN() drei Parameter:

  1. Der auszuwertende logische Ausdruck.
  2. Das Ergebnis falls der logische Ausdruck WAHR ergibt.
  3. Das Ergebnis falls der logische Ausdruck FALSCH ergibt.

Das Ergebnis für den Fall, dass der logische Ausdruck FALSCH ergibt, ist optional. Fehlt dieser Parameter, dann wird der Wert FALSCH zurückgegeben.

Das Verhalten dieser Funktion lässt sich mit den Wahrheitswerten als logischer Ausdruck direkt überprüfen:

= WENN(WAHR; "Guten Tag"; "Auf Wiedersehen")

Weil der logische Ausdruck in diesem Fall WAHR ist, wird der zweite Parameter als Ergebnis zurückgegeben. Die Formel gibt also den Wert "Guten Tag" zurück.

Wird der logische Ausdruck auf FALSCH geändert, dann liefert die Formel den Wert "Auf Wiedersehen".

= WENN(FALSCH; "Guten Tag"; "Auf Wiedersehen")

Lassen wir den dritten Parameter weg, dann wird der Wert FALSCH zurückgegeben.

= WENN(FALSCH; "Guten Tag")

Ausser der Fallunterscheidung hat WENN() keine weiteren Eigenschaften. Deshalb wird diese Funktion in der Praxis oft mit anderen Funktionen kombiniert. Das kann mit der Funktion WENN() selbst geschehen. In diesem Fall wird von geschachtelten Fallunterscheidungen gesprochen.

Zur Veranschaulichung dient das folgende Beispiel:

A
1 4
2 7

Eine Fallunterscheidung soll prüfen, ob die Werte in A1:A2 Werte gleich 1, 3, 4 oder 8 sind. Falls das der Fall ist, soll der zugehörige Zahlwert als Zeichenkette ausgegeben werden. Falls das nicht der Fall ist, soll der Wert Ungültig zurückgegeben werden. Als geschachtelte WENN()-Funktion lässt sich diese Fallunterscheidung wie folgt formulieren:

= WENN(A1 = 1; "Eins"; 
       WENN(A1 = 3; "Drei"; 
            WENN(A1 = 4; "Vier"; 
                 WENN(A1 = 8; "Acht"; 
                      "Ungültig"))))

Eine solche geschachtelte Fallunterscheidung wird als Entscheidungsbaum bezeichnet.

10.5.2 WENNS

Die Funktion WENN() ist eine einfache Fallunterscheidung. In vielen Excel-Arbeitsmappen existieren geschachtelte Aufrufe von WENN()-Funktionen. Diese Aufrufe machen die Formeln nicht nur schwer lesbar, sondern auch fehleranfällig und ineffizient. Deshalb sollten geschachtelte Fallunterscheidungen unbedingt vermieden werden. Mit der Funktion WENNS() lassen sich geschachtelte Fallunterscheidungen vermeiden, indem alle Fallunterscheidungen in einem einzigen Funktionsaufruf zusammengefasst werden.

Merke

Geschachtelte Fallunterscheidungen mit WENN() unbedingt vermeiden!

Die Funktion WENNS() erwartet Parameterpaare, bestehend aus einem logischen Ausdruck und dem Ergebnis, falls dieser logische Ausdruck WAHR ergibt. Die Funktion kann bis zu 127 Parameterpaare verarbeiten, so dass sich auch sehr komplexe Fallunterscheidungen mit dieser Funktion abbilden lassen.

Beispiel 10.4 Das folgende Beispiel zeigt die Verwendung der Funktion WENNS() für die geschachtelte Fallunterscheidung aus dem Abschnitt WENN.

= WENNS(A2:A3 = 1; "Eins"; 
        A2:A3 = 3; "Drei"; 
        A2:A3 = 4; "Vier"; 
        A2:A3 = 8; "Acht")

Das Beispiel bildet aber noch nicht die vollständige Fallunterscheidung ab. Es fehlt noch der Fall, dass keiner der logischen Ausdrücke WAHR ergibt. Leider kann WENNS() ausschliesslich logische Ausdrücke mit ihren Ergebnissen verbinden.

Merke

WENNS() kann nur logische Ausdrücke mit ihren WAHR-Ergebnissen verbinden.

Anders als bei WENN() gibt es keine direkte Möglichkeit, ein Ergebnis festzulegen, falls alle logische Ausdrücke FALSCH ergeben. Um ein solches Verhalten zu erzeugen, wird ausgenutzt, dass die Funktion WENNS() immer einen wahren logischen Ausdruck mit einem Ergebnis verknüpft. Weil die logischen Ausdrücke in der Reihenfolge ausgewertet werden, wie sie in der Funktion angegeben sind, muss der letzte logische Ausdruck alle Fälle abdecken, die von keinem anderen der vorangegangen logischen Ausdrücke akzeptiert wurden. Der einfachste logische Ausdruck, der immer wahr ist, ist der Wahrheitswert WAHR. Deshalb wird dieser Wert als letzter logischer Ausdruck für WENNS() verwendet.

Mit diesem Wissen lässt sich das Beispiel mit WENNS() vervollständigen:

= WENNS(A2:A3 = 1; "Eins"; 
        A2:A3 = 3; "Drei"; 
        A2:A3 = 4; "Vier"; 
        A2:A3 = 8; "Acht"; 
        WAHR; "Ungültig")

Diese Formel prüft die Werte in A2:A3 auf Gleichheit mit den Werten 1, 3, 4 und 8. Für diese Zahlen wird die zugehörige Zahlwert als Zeichenkette ausgegeben. Falls keiner dieser Werte gefunden wird, wird der Wert Ungültig zurückgegeben.

Die Fallunterscheidung mit WENNS() endet beim ersten logischen Ausdruck, der WAHR ergibt. Die Funktion prüft der Reihe nach alle angegebenen logischen Ausdrücke. Sobald einer dieser Ausdrücke WAHR ist, wird der zugehörige Ergebniswert ausgegeben und die Funktion wird beendet. Diese Eigenschaft begründet, dass die logischen Ausdrücke nur die Fälle prüfen müssen, die von den vorangegangenen logischen Ausdrücken nicht abgedeckt wurden.

Beispiel 10.5 (Fallunterscheidung mit WENNS() vereinfachen) Gegeben ist die Formel mit geschachtelten Entscheidungen.

= WENN(J2>=O2;
    (WENN(J2>L2;
          0;
          WENN(J2<=L2;
               WENN((J2>N2)*(J2>=O2);
                    (K2+((M2-K2)/(N2-L2))*(J2-L2));
                    WENN((J2<=N2)*(J2<O2);
                         (M2+((O2-M2)/(O2-N2))*(J2-N2))
                ))
          )
    ));
    100)

Diese Formel ist aus zwei Gründen übermässig komplex.

  1. Die Fallunterscheidung mit WENN() ist geschachtelt.
  2. Es existieren redundante Fallunterscheidungen.

Bevor die Fallunterscheidung mit WENNS() vereinfacht wird, werden die redundanten Fallunterscheidungen entfernt. Das betrifft die zweite (J2 > L2) und die vierte Fallunterscheidung (J2 > N2). Im jeweiligen FALSCH-Fall wird der gegenteilige logische Ausdruck geprüft. Das ist in diesem Fall unnötig, weil die äussere Fallunterscheidung diesen Fall bereits abdeckt. Werden die redundanten logischen Ausdrücke und unnötige Klammern entfernt, dann ergibt sich die folgende wesentlich einfachere Formel.

= WENN(J2>=O2;
    WENN(J2>L2;
          0;
          WENN((J2>N2)*(J2>=O2);
              K2+(M2-K2)/(N2-L2)*(J2-L2);
              M2+(O2-M2)/(O2-N2)*(J2-N2)
          )
    );
    100)

Die äusserste Fallunterscheidung hat für den Fall WAHR eine geschachtelte WENN()-Funktion und im Fall FALSCH ein einfaches Ergebnis. Das ist für WENNS() unhandlich, so dass die äusserste Fallunterscheidung durch Umkehrung des logischen Ausdrucks umgestellt wird.

= WENN(J2<O2;
       100; 
       WENN(J2>L2;
            0;
            WENN((J2>N2)*(J2>=O2);
                 K2+(M2-K2)/(N2-L2)*(J2-L2);
                 M2+(O2-M2)/(O2-N2)*(J2-N2)
            )
       )
  )

Nun lassen sich die vier unterschiedlichen Fälle gut erkennen und mit WENNS() abbilden. Daraus ergibt sich die folgende Formel.

= WENNS(J2<O2; 100; 
        J2>L2; 0; 
        (J2>N2)*(J2>=O2); K2+(M2-K2)/(N2-L2)*(J2-L2); 
        WAHR; M2+(O2-M2)/(O2-N2)*(J2-N2)
  )

Diese Formel ist wesentlich einfacher zu lesen und zu verstehen. Beim Durchgehen der Fälle fällt auf, dass ein Teilausdruck des dritten Falls das Gegenteil des ersten Falls ist. Diese Bedingung wurde bereits im ersten Fall geprüft und würde sie nicht gelten, dann wäre die Formel bereits beendet worden. Deshalb können bereits geprüfte Teilausdrücke in den nachfolgenden Ausdrücken weggefallen. Dadurch wird nicht nur die Verschachtelung, sondern auch die Komplexität der logischen Ausdrücke vereinfacht.

= WENNS(J2<O2; 100; 
        J2>L2; 0; 
        J2>N2; K2+(M2-K2)/(N2-L2)*(J2-L2); 
        WAHR;  M2+(O2-M2)/(O2-N2)*(J2-N2)
  )

Diese Formel hat noch den Makel, dass der letzte Fall WAHR keine Konstante abbildet. Besser wäre es, wenn der zweite und der letzte Fall vertauscht wären, so dass der Wert 0 der letzte Wert ist. Dazu müssen die logischen Ausdrücke umorganisiert werden. Bei der Umorganisation ist die Reihenfolge der logischen Ausdrücke zu beachten: Die letzten beiden Fälle sind nicht unabhängig vom logischen Ausdruck J2>L2. Beim Umorganisieren darf diese Abhängigkeit nicht verloren gehen.

= WENNS(J2<O2; 100; 
        (J2<=L2)*(J2>N2); K2+(M2-K2)/(N2-L2)*(J2-L2); 
        J2<=L2; M2+(O2-M2)/(O2-N2)*(J2-N2)
        WAHR; 0
  )

Diese Formel ist deutlich einfacher und weniger Fehleranfällig als die ursprüngliche Formel mit geschachtelten WENN()-Funktionen. Es lassen sich auch weitere Fälle hinzufügen, ohne dass die Formel komplexer wird. Dabei ist zu beachten, dass diese Fälle vor dem Fall WAHR angegeben werden müssen.

10.5.3 Nicht erreichbare Entscheidungen

Ein besonderes Problem sind Entscheidungen, die zwar definiert aber nie erreicht werden können. Solche Entscheidungen sind immer redundant. Eine nicht erreichbare Entscheidung kann nur dann auftreten, wenn eine vorangegangene Entscheidung bereits den geprüften Fall abdeckt. Ergibt ein solcher logischer Ausdruck Falsch, dann wird eine spätere Entscheidung für den gleichen Fall im Falsch-Zweig des Entscheidungsbaums ebenfalls Falsch ergeben. Der Wahr-Zweig dieser Entscheidung kann damit nie erreicht werden.

Beispiel 10.6 (Nicht erreichbare Entscheidung)  

=WENNS( A1 > 5; "Sehr gut"; 
        A1 > 3; "Genügend"; 
        A1 > 4; "Gut"; 
        A1 <= 3; "Ungenügend")

In Beispiel 10.6 kann nie das Ergebnis “Gut” erzeugt werden, weil der zweite logische Ausdruck (A1 > 3) alle Werte “maskiert”, die durch den dritten logischen Ausdruck (A1 > 4) als “Gut” markiert werden müssten. “Ungenügend” würde trotzdem angezeigt werden, wenn der Wert in A1 entweder 1, 2 oder 3 ist.

Wichtig

Eine nicht erreichbare Entscheidung ist kein technischer Fehler, sondern ein logischer Fehler.

Im Beispiel 10.6 kann die Entscheidung A1 > 4 nicht erreicht werden, weil das vorherige und allgemeinere Kriterium A1 > 3 für die gleichen Werte zutrifft.

Merke

Es müssen immer die spezielleren Kriterien vor den allgemeineren Kriterien geprüft werden.

Nicht erreichbare Entscheidungen lassen sich durch das Formale prüfen der logischen Ausdrücke leicht erkennen. Dazu werden logischen Ausdrücke und die zugehörigen Wertebereiche für den Wahr- und Falsch-Fall untereinander aufgeschrieben. Ein logischer Ausdruck kann einen Wertebereich nur dann abdecken, wenn dieser eine Teilmenge des Wertebereichs der aktuellen logischen Verzweigung ist.

Tabelle 10.1: Formale Prüfung der logischen Ausdrücke aus Beispiel 10.6
Rang logischer Ausdruck Wahr-Fall Falsch-Fall
1 A1 > 5 A1 > 5 A1 <= 5
2 A1 > 3 A1 > 3 A1 <= 3
3 A1 > 4 A1 > 4 A1 <= 4
4 A1 <= 3 A1 <= 3 A1 > 3

Weil die Funktion WENNS() verwendet wird, ist der Wertebereich für einen logischen Ausdruck durch die Falsch-Fälle der logischen Ausdrücke mit niedrigerem Rang abgedeckt.

Für Rang 3 muss wegen dieser Tabelle der logischen Ausdruck in Formel 10.1 gelten. Dieser Ausdruck kann jedoch nie Wahr ergeben, weil der gleiche Wert in Variable A1 nicht kleiner oder gleich 3 und gleichzeitig grösser als 4 sein kann.

\begin{aligned} & (A1 <= 5) \land & (A1 <= 3) \land & (A1 > 4) \\ \Leftrightarrow & & (A1 <= 3) \land & (A1 > 4) \\ \Leftrightarrow & & \text{Falsch} \end{aligned} \tag{10.1}

10.5.4 ERSTERWERT

Die Funktion ERSTERWERT() bildet einen Spezialfall von WENNS() ab: Es wird bei allen logischen Ausdrücken ein Vergleich auf Gleichheit des Suchkriteriums mit verschiedenen Referenzwerten durchgeführt. In diesem Fall können die logischen Ausdrücke mit ERSTERWERT() stark vereinfacht werden. Das lässt sich am ersten Beispiel im Abschnitt WENNS veranschaulichen.

Weil alle logischen Ausdrücke die Gleichheit über den gleichen Adressbereich prüfen, kann die Operation mit der Funktion ERSTERWERT() vereinfacht wie folgt werden.

= ERSTERWERT(A2:A3; 
             1; "Eins"; 
             3; "Drei"; 
             4; "Vier"; 
             8; "Acht"; 
             "Ungültig")

10.5.5 XVERWEIS zur Fallunterscheidung

Die Funktion XVERWEIS() ist als Excels Version des \in-Operators bereits bekannt. Die Funktion kann auch als Alternative zur Funktion ERSTERWERT() verwendet werden. In diesem Fall werden als Rückgabematrix keine Wahrheitswerte, sondern die Ergebnisse der Fallunterscheidung angegeben.

Der Vorteil dieser Anwendung ist, dass die Fallunterscheidung nicht mehr auf die Anzahl der Parameterpaare beschränkt ist und die Parameterpaare zum Zeitpunkt der Formelerstellung auch nicht bekannt sein müssen.

Das folgende Beispiel zeigt die Umsetzung des Beispiels aus dem Abschnitt ERSTERWERT mit XVERWEIS(). Dazu wird zuerst eine Tabelle mit den Vergleichswerten und den zugehörigen Ergebnissen erstellt.

C D
1 Eins
3 Drei
4 Vier
8 Acht

Diese Referenztabelle stell in Spalte C die sog. Suchmatrix und in Spalte D die sog. Rückgabematrix bereit. Mit diesen Werten lässt sich die Fallunterscheidung wie folgt abbilden.

= XVERWEIS(A2:A3; C2:D5; D2:D5; "Ungültig")

Ein weiterer Vorteil von XVERGLEICH() gegenüber ERSTERWERT() sind Vergleiche mit den Operatoren =, <= oder >=. Diese Vergleiche lassen sich über den fünften Parameter von XVERWEIS() konfigurieren. Dabei steht der Wert 0 für die Gleichheit, der Wert -1 für kleiner oder gleich und der Wert 1 für grösser oder gleich. Die Vergleiche sind immer so organisiert, dass der linke Operand dem Suchkriterium entspricht und der rechte Operand dem Wert in der Suchmatrix. Bei einem Treffer wird der Wert aus der Rückgabematrix zurückgegeben. Gibt es keinen Treffer für den Vergleich wird der Wert aus dem vierten Parameter wenn_nicht_gefunden geliefert.

10.5.6 Anwendungshilfe für Fallunterscheidungen

Die Anwendung der verschiedenen Fallunterscheidungsfunktionen hängt von verschiedenen Kriterien ab. Diese sind hier zusammengefasst:

Die Funktion WENN() wird immer dann eingesetzt, wenn ein logischer Ausdruck geprüft werden muss und nur die beiden Fälle dieses Ausdrucks unterschieden werden müssen.

Die Funktion WENNS() wird immer dann eingesetzt werden, wenn mehrere logische Ausdrücke geprüft werden müssen. Die logischen Ausdrücke können dabei beliebig komplex sein und sich auf verschiedene Daten und Bereiche beziehen.

Die Funktion ERSTERWERT() wird immer dann eingesetzt, wenn die Gleichheit des Suchkriteriums mit wenigen Referenzwerten überprüft werden soll. Die Suchkriterien sind für alle Vergleiche identisch.

Die Funktion XVERWEIS() wird immer dann eingesetzt, wenn ein Vergleich auf Gleichheit, Kleiner-oder-Gleich oder Grösser-oder-Gleich durchgeführt werden muss. Die Suchkriterien und die Vergleichsoperatoren sind für alle Vergleiche identisch.

Die Funktion XVERWEIS() muss anstatt von ERSTERWERT() verwendet werden, wenn die Referenzwerte des Vergleichs zum Zeitpunkt der Formelerstellung noch nicht bekannt sind oder leicht änderbar bleiben sollen.

10.6 Filtern

Excel bietet die Funktion FILTER() zum Filtern von Daten. Diese Funktion erzeugt einen Ergebnisbereich mit den Werten, die durch den angegebenen logischen Ausdruck ausgewählt wurden.

Warnung

In Excel können in Tabellen und Pivot-Tabellen für einzelne Vektoren Werte für die Darstellung “gefiltert” werden. Dabei verwendet Excel nicht die Filter Funktion, sondern blendet einzelne Datensätze aus. Dadurch können die Ergebnisse nachgereihter Operationen nicht mit den dargestellten Werten zusammenpassen, weil nicht-dargestellte Werte weiterhin Teil der Daten sind und bei Berechnungen weiterhin mitberücksichtigt werden.

Das Ergebnis der Funktion FILTER() ist ein dynamischer Bereich mit den ausgewählten Werten. Im Gegensatz zu Tabellen-Filter sind die nicht dargestellten Werte nicht mehr Teil der Daten. Deshalb sind die Ergebnisse der FILTER()-Funktion konsistent mit den Ergebnissen der nachgereihten Operationen.

Definition 10.1 Excels FILTER()-Funktion wählt aus einem Vektor die Werte aus, für die ein Auswahlvektor den Wert WAHR oder einen Wert, der dem logischen WAHR entspricht.

Beispiel 10.7 (Filtern mit Excel) Gegeben sind die folgende Werte in den Spalten A und B. Die Filter()-Funktion steht an Adresse D2.

A B C D
1 Basel  WAHR =FILTER(A1:A5; B1:B5)
2 Genf  FALSCH  Basel
3 Lugano  FALSCH  Zug
4 Zug WAHR   Zürich
5 Zürich WAHR   

Weil die Werte in Spalte B vom Datentyp Wahrheitswert sind, kann > dieser Vektor zur Auswahl der Städtenamen in Spalte A verwendet werden.

Anstelle eines Vektors mit Wahrheitswerten wird meistens ein Vergleich als zweiter Parameter übergeben. Dieser Vergleich muss einen Vektor erzeugen, der genauso lang ist, wie der Vektor im ersten Parameter. Solche Vektoren werden dynamisch erzeugt, indem ein Vergleich entweder den Vektor selbst oder einen benachbarten Vektor verwendet.

A B C D
1 Basel deutsch =FILTER(A1:A5; B1:B5 = "deutsch")
2 Genf  französisch  Basel
3 Lugano italienisch  Zug
4 Zug deutsch   Zürich
5 Zürich deutsch   

10.6.1 Excel Filter und logische Operationen

Weil die FILTER()-Funktion immer über Vektoren arbeitet, können die logischen Funktionen nicht verwendet werden, weil sie keine Vektoren erzeugen. Deshalb muss der logische Ausdruck des Filters als Boole’sche Arithmetik formuliert werden (Kapitel 10.4).

Hinweis

Die Funktion NICHT() ist kein Aggregator und kann mit der FILTER()-Funktion kombiniert werden.

Um mit komplexen logischen Ausdrücken in Filtern zu verwenden, müssen wir die logischen Operatoren durch ihre arithmetische Schreibweise ersetzen.

Tabelle 10.2: Beispiel eines komplexen logischen Ausdrucks mit FILTER()
A B C D E
1 Name Sprache Einwohner:innen Formel
2 Basel deutsch 173863 =FILTER(A2:A6;(B2:B6="deutsch")*(C2:C6 > 100000))
3 Genf  französisch 203856  Basel
4 Lugano italienisch 62315  Zürich
5 Zug deutsch  30934
6 Zürich deutsch  421878  

10.7 Selektieren

Sehr häufig liegen umfangreiche Daten mit vielen Vektoren vor. Soll sich eine Analyse auf einzelne Vektoren beschränken, dann sollen, analog zum Filtern von Datensätzen, nur diese Vektoren ausgewählt werden.

Definition 10.2 Das Filtern von Vektoren wird als selektieren bezeichnet.

Weil die Vektoren einer Stichprobe in der Regel benannt sind, werden Vektoren über ihre Namen selektiert.

Merke

Die Vektorennamen einer Stichprobe haben besondere Eigenschaften:

  1. Vektorennamen sind immer von Datentyp Zeichenkette.
  2. Vektorennamen einer Stichprobe bilden einen Vektor.
  3. Die Vektorennamen einer Stichprobe sind eindeutig.

Die dritte Eigenschaft ist nicht ganz offensichtlich, denn in einer manuell eingegebenen zwei-dimensionalen Struktur kann eine Überschrift mehrfach verwendet werden. Sobald eine solche Struktur in eine Excel-Tabelle umgewandelt wird, erzwingt Excel eindeutige Vektorennamen.

Aus diesen Eigenschaften folgt, dass die Auswahl von Vektoren durch die Eigenschaften von Zeichenketten unterstützt wird. Wir können zur Auswahl die folgenden Operationen verwenden:

  • Identischer Vektorname
  • Vektorname beginnt mit einer bestimmten Zeichenkette
  • Vektorname endet mit einer bestimmten Zeichenkette
  • Vektorname enthält an einer beliebigen Position eine bestimme Zeichenkette

Diese Operationen lassen sich als logische Ausdrücke formulieren, wodurch sich komplexere Selektoren umsetzen lassen.

Der einfachste Weg zum Vektoren adressieren ist die Verwendung des Vektornamens über die Tabellenadressierung. Dabei wird der Vektorname in eckige Klammern gesetzt (s. Abschnitt 6.4.2). Die Tabellenadressierung ist jedoch auf vollständige Namen und auf zusammenhängende Bereiche beschränkt.

Die Verwendung einer Selektor-Funktion zur Auswahl von Vektoren ist nicht auf Tabellen beschränkt, sondern kann mit beliebigen tabellarischen Strukturen angewendet werden. In Excel wird eine Selektor Funktion durch die Funktionskette eines Filters mit der Funktion SPALTENWAHL() erreicht.

Neben der Tabellenadressierung bietet Excel die Funktion SPALTENWAHL(), um Vektoren aus einem Bereich auszulesen. Diese Funktion benötigt aber die Position der gewünschten Spalte, denn oft sollen aber Vektoren über Namen oder Namensteile ausgewählt werden. Dafür kommt die Funktion XVERGLEICH() zur Anwendung. Mit XVERGLEICH() erhalten wir die Position eines gesuchten Werts in einem angegebenen Bereich.

Die Idee hinter dem hier beschriebenen Ansatz ist, dass wir herausfinden, wo unser gewünschter Vektor in der Stichprobe steht. Anschliessend wählen wir alle Werte an dieser Position mit der Funktion Spaltenwahl() aus.

Hinweis

Die Funktion XVERGLEICH() ähnelt der Funktion XVERWEIS() indem wir einen Wert in einem Vektor suchen können. Anstelle eines Referenzwerts aus einem anderen Vektor liefert XVERGLEICH() nur die Position des gesuchten Werts zurück. Falls ein Wert mehrfach vorkommt, dann gibt die Funktion nur die erste Position zurück.

Der Funktion XVERGLEICH() können mehrere Suchwerte übergeben werden, für welche die Positionen bestimmt werden.

Beispiel für Vektorenselektion

Der Algorithmus zum Selektieren von Vektoren ist durch die folgenden Schritte definiert:

  1. Wir vektorisieren nur die Vektornamen auf einem neuen Arbeitsblatt mit der Identitätsfunktion ab Adresse B1. Zur Veranschaulichung nenne ich dieses Arbeitsblatt Stichprobendaten.
  2. Wir vektorisieren alle Stichprobendaten mittels der Identitätsfunktion auf dem gleichen Arbeitsblatt ab Adresse B2.
  3. Auf einem neuen Arbeitsblatt geben wir in der ersten Zeile die Vektorennamen ab Adresse A1 ein, die wir auswählen möchten. In diesem Beispiel wird angenommen, dass 3 Vektoren ausgewählt werden sollen.
  4. Wir wählen die einzelnen Vektoren mit der folgenden Formel an der Adresse A2 aus.

Beispiel 10.8 (Selektion von Vektoren in Excel)  

=SPALTENWAHL(Stichprobendaten!$B$2#; 
             XVERGLEICH(A1:C1; Stichprobendaten!$B$1#))

Der Vorteil dieser Strategie ist, dass die Selektion individuelle, nicht-zusammenhängende Vektoren selektieren kann und nicht auf Tabellen beschränkt ist.

10.8 Sortieren

Excel kennt zwei Funktionen zum Sortieren:

  • SORTIEREN()
  • SORTIERENNACH()

Die Funktion SORTIEREN() sortiert einen Bereich zeilen- oder spaltenweise. Für allgemeine Sortierungen nach mehreren Vektoren stellt Excel die Funktion SORTIEREN() zur Verfügung.

Hinweis

Excels SORTIERENNACH()-Funktion kann einen Bereich zeilen- oder spaltenweise sortieren. Diese Funktion hat vier Parameter:

  • Matrix - der zu sortierende Bereich, der keine Matrix sein muss.
  • Sortierindex - die Spalten- oder Zeilennummer, nach der sortiert werden soll. Standardmässig wird die erste Spalte bzw. die erste Zeile angenommen.
  • Sortierreihenfolge - legt die Sortierreihenfolge fest. 1, um aufsteigend und -1, um absteigend zu sortieren.
  • nach_Spalte - Ein Wahrheitswert, ob die Spalten oder die Zeilen sortiert werden sollen. WAHR bedeutet, dass die Spalten (horizontal) sortiert werden sollen. FALSCH bedeutet, dass die Zeilen (vertikal) sortiert werden sollen. Standardmässig wird zeilenweise sortiert.

Die Funktion ermöglicht es, mehrere Vektoren auf einmal nach mehreren gemeinsamen Kriterien zu sortieren. Dazu müssen zuerst die Sortierkriterien identifiziert werden.

Die Funktion SORTIERENNACH() deckt den Spezialfall ab, wenn die Sortierung nach einem externen Kriterium erfolgen soll. Während SORTIEREN() erfordert, dass die Sortierindizes im zu sortierenden Bereich enthalten sind, können die Sortierindizes bei SORTIERENNACH() an einer beliebigen Stelle in der Arbeitsmappe liegen.

10.8.0.1 Schritt 1: Sortierkriterien festlegen.

Die Sortierkriterien sind durch die Werte im Sortierindex festgelegt, nach denen sortiert werden soll. Der Sortierindex ist ein Vektor mit einem Wert für eine Zeile bzw. Spalte der Sortiermatrix. Entlang der Werte im Sortierindex wird die Sortiermatrix sortiert.

In Excel können die Vektoren mit den Sortierkriterien an einer beliebigen Position in einer Arbeitsmappe liegen. Dabei müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:

  1. Der Sortierindex und die Sortiermatrix müssen die gleiche Länge haben.
  2. Die Sortierindex und die Sortiermatrix müssen die gleiche Orientierung haben.

10.8.0.2 Schritt 2:

Im zweiten Schritt werden die zu sortierenden Vektoren ausgewählt.

In R wird dieser zweite Schritt automatisch auf die vorgegebene Stichprobe angewandt. In Excel können wir zusammenhängende Vektoren als “Matrix” an die SORTIERENNACH()-Funktion übergeben. Hängen die Vektoren nicht direkt zusammen, dann müssen mehrere Sortieroperationen mit den gleichen Referenzen auf die Sortierreferenzen durchgeführt werden.

In Excel wird die Sortierrichtung als Sortierreihenfolge bezeichnet und als separater Parameter für das jeweilige Sortierkriterium angegeben. Dabei steht 1 für die aufsteigende Sortierung und -1 für die absteigende Sortierung.

10.9 Rezepte

10.9.1 Fehlerwerte abfangen

Viele Excel-Funktionen geben einen Fehlerwert zurück, falls die Funktion kein gültiges Ergebnis ermitteln kann. Weil sich diese Fehlerwerte in Operationen fortpflanzen, müssen diese Werte durch einen geeigneten regulären Wert ersetzt werden. Das kann mit der folgenden Entscheidung erreicht werden.

= WENN(ISTFEHLER(A1); 0; A1)

Diese Operation ersetzt alle Fehlerwerte durch den Wert 0 und lässt alle anderen Werte unverändert.

Weil diese Entscheidung sehr oft vorkommt, gibt es die Funktion WENNFEHLER(), mit der die gleiche Operation einfacher ausgedrückt werden kann.

= WENNFEHLER(A1; 0)

10.9.2 Eine Zahl für genau eine Bedingung zurückgeben

Ein häufiger Spezialfall für Unterscheidungen ist die Auswahl von Zahlen, die genau einen logischen Ausdruck erfüllen. Solche Unterscheidungen geben im FALSCH-Fall 0 und im anderen Fall die gesuchte Zahl zurück. In diesem Spezialfall kann der Zielwert ohne Umweg über die WENN()-Funktion mit dem logischen Ausdruck multipliziert werden. Der logische Ausdruck liefert 1 für WAHR und 0 für FALSCH. Die Multiplikation mit 0 liefert immer 0. Die Multiplikation mit 1 liefert den Zielwert.

Das Beispiel gibt für die folgenden Werte alle Zahlen zurück, die grösser als 10 und kleiner als 20 sind.

A
13
5
17
20
12
2
29
11
7
32

Normalerweise würde diese Entscheidung durch die folgende Operation abgebildet:

= WENN((A1:A10 > 10) * (A1:A10 < 20); A1:A10; 0)
Warnung

Diese spezielle Fallunterscheidung sollte auf Korrektheit überprüft werden, wenn im WAHR-Fall der Wert 0 erlaubt ist. In diesem Fall wird der Wert 0 nicht vom logischen Ausdruck unterschieden.

Weil alle Werte Zahlen sind, handelt es sich um den Spezialfall, dass der WAHR-Wert eine Zahl und der FALSCH-Fall eine 0 ist. Für diesen Fall lässt sich die Formel vereinfachen, indem die gesuchten Werte mit dem logischen Ausdruck multipliziert werden:

= A1:A10 * (A1:A10 > 10) * (A1:A10 < 20)

Das Ergebnis beider Formeln sind die Werte {13;0;17;0;12;0;0;11;0;0}.

Damit dieses Rezept funktioniert, müssen alle Teile des logischen Ausdrucks genau die Werte FALSCH oder WAHR bzw. 0 oder 1 zurückgeben. Das ist notwendig, weil nur das neutrale Element die Zielwerte unverändert lässt. Eine direkte Übergabe von Zahlen im logischen Ausdruck verfälscht das Ergebnis, weil nicht mit dem neutralen Element gerechnet wird.

Soll für einen logischen Ausdruck nur der Wert 1 oder 0 zurückgegeben werden, dann kann der Rückgabebereich am Anfang der Formel weggelassen werden. Es wird dann nur der logische Ausdruck angegeben. Die Formel = (A1:A10 > 10) * (A1:A10 < 20) hat die Werte {1;0;1;0;1;0;0;1;0;0} als Ergebnis.

10.9.3 Fehlerwerte vergleichen

Fehlerwerte können nicht direkt mit den Vergleichsoperatoren verglichen werden, weil Excel immer den ersten gefundenen Fehlerwert als Ergebnis einer Operation zurückgibt. Deshalb müssen Fehlerwerte zuerst in normale Werte konvertiert werden. Damit verschiedene Fehlerwerte miteinander verglichen werden können, müssen die verschiedenen Fehlerwerte zuerst in eindeutige Zahlen umgewandelt werden. Das übernimmt die Funktion FEHLER.TYP(). Diese Zahlen können anschliessend wie gewohnt weiter verarbeitet werden.

Das folgende Beispiel weist den gegebenen Fehlerwerten eine Fehlermeldung zu:

A
#NV
#WERT!
3

Die folgende Formel liefert die Werte {"Fehler: #NV"; "Fehlerhafter Wert", "Kein Fehler"}.

= WENNS(FEHLER.TYP(A1:A2) = 7; "Fehler: #NV"; 
        FEHLER.TYP(A1:A2) = 3; "Fehlerhafter Wert"; 
        WAHR; "Kein Fehler")

Weil alle Vergleiche die Gleichheit überprüfen, kann die Formel mit der Funktion ERSTERWERT() vereinfacht werden. Die Formel lautet dann:

= ERSTERWERT( WENNFEHLER(FEHLER.TYP(A1:A3); 0);
              3; "Fehlerhafter Wert";
              7; "Fehler: #NV";
              "Kein Fehler")

Für diesen Schritt muss die Operation mit der Funktion WENNFEHLER() erweitert werden, weil die Funktion FEHLER.TYP() einen Fehler ausgibt, wenn der übergebene Wert kein Fehlerwert ist. Weil die Fehlertypen mit Werten grösser 0 durchnummeriert sind, bietet sich für reguläre Werte der Wert 0 an.

10.9.4 Filtern und Summen

Bis Juli 2020 mussten die Funktionen SUMMEWENN() oder SUMMEWENNS() verwendet werden, um Daten nach Kriterien zu summieren. Diese Funktionen haben allerdings den Nachteil, dass keine echten logischen Ausdrücke verwendet werden können. Seit Juli 2020 steht die FILTER()-Funktion zur Verfügung. Dadurch können echte logische Ausdrücke als Filterkriterien eingesetzt werden. Gleichzeitig hat sich die Bedeutung der Funktionen SUMMEWENN() und SUMMEWENNS()geändert (s. Kapitel 13).

Die folgende Formel sollten wir jetzt mit der Filter-Technik umschreiben.

Beispiel 10.9 (Summenwenn durch Filter-Summe ersetzen) Alt wurde geschrieben:

= SUMMEWENN(B2#; "< 0")

Neu ist die gleiche Funktion etwas ausführlicher:

= SUMME( FILTER(B2#; B2# < 0) )

Diese Schreibweise hat den Vorteil, dass die einzelnen Schritte nach dem Prinzip der Problemzerlegung getrennt werden und separat untersucht werden können. Das war in der alten Schreibweise nur indirekt möglich.

Das gleiche Prinzip gilt auch für ZÄHLENWENN() und ZÄHLENWENNS() anwenden. In diesem Fall wird entweder die Funktion ANZAHL() oder die Funktion ANZAHL2() als Aggregator eingesetzt.

Der grösste Vorteil ist aber, dass mit dieser Technik beliebige EXCEL-Aggregatoren mit gefilterten Daten eingesetzbar sind und nicht mehr auf die vordefinierten Aggregatoren eingeschränkt sind. Mit dem Filtern wird es ausserdem möglich, andere logische Ausdrücke als nur einen direkte Vergleich oder, im Fall von SUMMEWENNS() oder ZÄHLENWENNS(), mit Und verknüpfte Vergleiche durchzuführen.

Warnung

Wenn wir komplexe logische Ausdrücke mit Excels FILTER()-Funktion verwenden wollen, dann müssen wir für die logischen Operatoren die arithmetische Schreibweise für die logischen Ausdrücke verwenden!