22.08.2021, von Nurdzane Memeti
Die Welt um uns herum wird immer mehr digitalisiert. Nach Spielkonsolen, MP3 Playern, Smartphones, und Tablets erobern immer mehr smarte Geräte einen Platz in unseren Wohnungen und in unseren Herzen. In diesem Kontext weichen die Grenzen von Technologieanbietern und -Konsumenten immer weiter auf. In einer solchen Welt ist es für junge Menschen sehr wichtig, die Tragweite der Alltagsdigitalisierung nicht nur zu erfassen, sondern auch diese Entwicklungen interaktiv mitzugestalten zu können. Damit das möglich wird, reicht das Lernen von Programmiersprachen nicht allein. Vielmehr brauchen junge Menschen Möglichkeiten, um digitale Konzepte im Zusammenspiel von Hardware und Software spielerisch und experimentell auszuprobieren, zu erleben und zu verstehen. Das kann mittels magnetischer Bausteine passieren. Im Projekt Machen Können der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) bringen wir die Ideen des Internets der Dinge (IoT) aus der aktuellen Wissenschaft in Züricher Oberstufenklassen.
Robotik-Workshops an der Oberstufe
Im Machen-Können-Projekt vermittelten wir Schülerinnen und Schüler der Oberstufe erste Einblicke in die grafische Programmierung und die Robotik einfach, praktisch und spassig. Dazu haben wir ein Konzept aus Didaktik, Programmierung und Hardware entwickelt, mit dem wir in Oberstufen Workshops mit ganzen Klassen durchführen und eine neue Perspektive auf das Fach “Medien und Informatik” zu bieten. Mit unseren Workshops beantworten wir viele Fragen der Schülerinnen und Schüler. Z. B.: Was ist in einem Smartphone enthalten? Wie funktioniert eine Ticketmaschine am Bahnhof? Was braucht ein selbstfahrendes Fahrzeug um zu fahren? Mit unseren Workshops erarbeiten wir mit den Schülern Antworten auf diese Fragen und schaffen mit Hilfe unserer Machen-Können-Bausätze Einblicke in die heutige Technologie und kreative Lösungsansätze.
Machen-Können ist ein sechsjähriges Wissenschaftskommunikationsprojekt und besteht aus zwei Phasen:
- Einer Konzeptionsphase (2 Jahre)
- Einer Umsetzungsphase (4 Jahre)
Aktuell befinden wir uns im Abschluss der Konzeptionsphase. Dieser Beitrag berichtet über unsere Erfahrungen aus den ersten drei Schulprojekten nach unserem Konzept. Machen - Können wird im Rahmen der “Förderung eines nachhaltigen Informatikunterrichts in der Oberstufe” durch die Hasler Stiftung gefördert.
Achtung, mein selbstfahrendes Auto wird in Funktion gebracht!
Der Klasse wird ein Koffer mit magnetischen Bausteinen, ein Handbuch und Strassenelemente mit grünem, rotem und blauem Knopf vorgetragen. Unter diesen magnetischen Modulen gehören die Eingangsmodule, die Ausgangsmodule, das Mainboard und Batterien, damit ein selbstfahrendes Auto erstellt werden kann. Als Erstes wurde das Konzept des «Computational Thinking» mittels einer Geschichte des Selbstfahrenden Autos und dem Menschen eingeführt. Dazu wurden alle verfügbaren technischen Mittel wie Mainboard, Mobilephone, IPads und Laptops genutzt. Die technischen Geräte wurden somit eingeführt und gleichzeitig getestet. Ausgehend von Grundgedanken haben wir eine Umfrage mittels «Menti-Meter» erstellt, um das «Physical Computing in der Schule” besser aufgreifen zu können:
- Q: Gibt es bereits Erfahrungen mit Physical-Computing im Informatikunterricht an der Oberstufe? A: Es ist zu beobachten, dass je nach Klassenniveau die Kenntnisse am Physical-Computing unterschiedlich sind. Ebenfalls ist es den Lehrern überlassen, wie viel “Technik” in der Schule unterrichtet und angewendet wird.
- Q: Wenn ja, welche Hardware und Software wurde verwendet und mit welchem Resultat? A: Es haben bis auf wenige alle einen Smartphone. Für die Schule wird ein Microsoft Surface oder ein Ipad verwendet.
- Q: Wie sehen die Rahmenbedingungen für den Informatikunterricht an der Oberstufe aus? A: Die Klassenzimmer waren vollumfänglich mit technischen Geräten ausgerüstet. Ein Surface, MacBook, etc. kann in jedem Zimmer mit einem externen Gerät (Beamer) verknüpft werden. Es waren zum Teil auch ein Touchscreen - Bildschirm (CTouch) verfügbar, jedoch nicht oft in Gebrauch.
Anschliessend wurden den Schülern der Koffer mit Elektrobausteinen vergeben und die Spielregeln bekanntgegeben: «Das Selbstfahrende Auto muss eine Strassenparcours durchfahren und am Ziel ankommen.» Danach kamen die Lego-Strassenelemente sowie Farbstifte und Blätter sofort in Gebrauch. Aufgrund der programmierten Elektrobausteinen mussten Schüler an Blättern den kleinen Roboter austesten. Zu den Modulen gehören unter anderem ein Sensor, der die schwarze Linie auf der Strasse erkennen lässt, eine LED-Leuchte und ein Sound-Sensor, der Töne und Klatschen wahrnimmt, sowie vieles Mehr.
Als letzten Schritt wurde der kleine Roboter für die Abschlusspräsentation nochmals getestet und vorbereitet. Rote, blaue, grüne sowie schwarze Striche und Punkte wurden auf Papiere verfeinert. Das Kunstwerk wurde gemeinsam mit dem Selbstfahrendem Auto der Klasse anhand von Fotos und sogar selbsterstellte Videos vorgetragen:
Die erste Durchführung des Projekts “Machen Können” fand in der 2. Sekundarstufe statt. In der Abbildung unten ist die erste Abschlussbesprechung zu sehen. Ein Schüler verbessert die Zeichnung eines Baumes während der Präsentation. Ecken und Linien mussten für das selbstfahrende Auto nachgezeichnet werden, damit der mini Roboter auf einem Schub die Linie befahren konnte.
Die zweite Durchführung fand in der 3. Sekundarstufe statt. Hier wurden ebenfalls grossartige Experimente vorgestellt, unter anderem wurde eine Echtzeit Automation in der Abschlussbesprechung an einer langen Strasse vorgezeigt. Ein selbstfahrendes Auto wurde vorgestellt, das die Programmierlogik des Roboters anhand eines roten Stifts sichtbar mach-te. Im Bachelor der Life Sciences nennt man dieses Verfahren die Echtzeit-Logik (engl. Real-Time Logik) und wird sehr häufig für Visualisierungszwecke verwendet. Wow!
In der Abbildung unten sind viel schwarze Striche zu sehen, wobei die Ecken mit den dazugehörigen Farben (Blau, Grün und Rot) gekennzeichnet sind. Diese Lösung stellt die Denkweise der übermässigen Sicherheit dar und wird in der Wirtschaftswelt (Banken, Versicherungen) angewendet. Die Schüler haben somit eine Lösung präsentiert, die die sicherste Aufgabenstellung erfüllt und garantieren eine sichere Fahrt für den Mini Roboter!
Fazit
Die Abschlussbesprechung hat gezeigt, dass die Programmierkenntnisse der 1. Sekundarklasse am weitesten voran war. Die Lehrerin der 1. Sekundarstufe hat mit den Schülern an code.org und Scratch gearbeitet. Leider ist bei ihnen das Computational Thinking und die analytische Herangehensweise noch nicht erkennbar gewesen. Das Gegenteil war in der die 3. Sekundarklasse zu sehen. Die Schüler der dritten Klasse haben komplexe Experimente aufzeigen können. Sie haben ein reiferes analytisches Bewusstsein entwickelt und diese an die Robotik anwenden können. Die Denkweise der analogen Welt wurden verstanden und in einzelne Teilprojekte herunter gebrochen. Der Sprung zum wissenschaftlichen Vorgehen wurde im Workshop Machen-Können gewagt: Im chaotischen System werden einzelne Elemente angeschaut und beobachtet bis wir eine analytische Gesetzmässigkeit erkennen. Schliesslich wird das Experiment vorgetragen und getestet, falls nötig sogar während der Präsentation gemeinsam nach optimalen Lösungen gesucht.